Der Steinberg beim Kloster Eberbach im Rheingau


Der Steinberg – ein ummauerter Schatz im Rheingau

 

Wer den Rheingau bereist, stößt unweigerlich auf eine der außergewöhnlichsten Weinlagen Deutschlands: den Steinberg bei Hattenheim, unterhalb des Klosters Eberbach. Hier, am Waldrand gelegen, zieht sich ein steiler Südwesthang hinunter zum Rhein. 

 

Die Mauer

 

Was den Steinberg einzigartig macht, ist seine Mauer. Ganze 2,6 Kilometer lang zieht sich die hohe Bruchsteinmauer rund um die Weinberge, seit 1767 steht sie hier – wie ein schützender Ring. Einst von den Zisterzienser Mönchen errichtet, um Traubendiebe fernzuhalten, prägt sie bis heute das Bild des Weinbergs, und eigentlich der ganzen Region. Von Weitem sieht man sie schon. Gleichzeitig wirkt sie wie ein Wärmespeicher: tagsüber fängt sie die Sonnenstrahlen ein, nachts gibt sie die Wärme zurück. Zudem hält sie die kalten Winde aus dem Taunus auf. So entsteht ein besonderes Kleinklima, das den Riesling noch feiner, noch charaktervoller werden lässt. Nicht ohne Grund gilt der Steinberg als ein „Clos“ – eine ummauerte Einzellage, wie man sie sonst nur aus dem Burgund kennt.

Die Geschichte reicht weit zurück: Schon im 12. Jahrhundert begannen die Zisterziensermönche des nahegelegenen Klosters Eberbach, den Hang zu kultivieren. Sie kauften und tauschten sie Parzellen, bis ein mächtiger, zusammenhängender Weinberg entstand. Der Steinberg gehört heute zu den "Hessischen Staatsweingütern Kloster Eberbach".

 

Weinliebhaber auf der ganzen Welt kennen den Namen „Steinberger“. Schon 1867 wurde der Weinberg offiziell als Spitzenlage eingestuft, und bis heute entstehen hier Rieslinge, die regelmäßig zur Weltklasse zählen. 

 

Die Steinberger Trockenbeerenauslese von 1921

 

Was für ein Wein! Er hat Geschichte geschrieben und ist bis heute ein besonderes Schätzchen für Weinliebhaber.

Eine 0,75 Liter-Flasche der Trockenbeerenauslese von 1921 gibt es heute für knapp 6.000,00 € zu kaufen. Doch es gibt nicht mehr viele Flaschen im Handel, weniger als 30.

Michael Broadbent (1927-2020 > seinerzeit einer der berühmtesten Weinkritiker) schrieb 1986 über diesen Wein:

 

"Bernsteingold mit grünem Schimmer. Explosiv komplex: getrocknete Aprikosen, Bienenwachs, flambierte Orange, Karamellisierte Feigen, hintergründig rauchiger Schiefer. Am Gaumen eine Symphonie aus konzentrierter Süße und elektrisierender Säure – schier endloses Finale mit Noten von altem Sherry und Honigmelone."

 

Hmm, kannst du dir den Geschmack vorstellen? Der Wein gilt als noch mindestens die nächsten 15 Jahre als gut trinkbar. Doch Broadbent meinte sogar: 

"Trockenbeerenauslesen dieser Ära sind quasi unsterblich".

 

Der Steinbergpfad – wandern, staunen, genießen

 

Wer den Steinberg nicht nur im Glas erleben möchte, sollte sich unbedingt auf den Steinbergpfad begeben. Der rund drei Kilometer lange Weinlehrpfad führt direkt durch die berühmte Lage, teilweise sogar entlang der historischen Mauer. Unterwegs laden neun anschaulich gestaltete Tafeln zum Entdecken ein. Sie erzählen die Geschichte des Weinbergs, erklären die Besonderheiten des Bodens und geben spannende Einblicke in die Arbeit der Winzer. Auch Kinder kommen dabei auf ihre Kosten.

 

Ein besonderes Highlight der Wanderung sind die Blicke auf den Rhein: Von den oberen Lagen öffnet sich ein Panorama, das weit ins Land hinausreicht. Im Frühling und Herbst ist die Tour besonders reizvoll – im Sommer dagegen sollte man an heißen Tagen vorsorgen, denn auf dem sonnigen Südwesthang gibt es so gut wie kein Schatten.

 

So wird der Steinbergpfad zu einer kurzen, aber eindrucksvollen Wanderung, die Natur, Kultur und Weingenuss verbindet. Ob für Familien, Weinliebhaber oder einfach für alle, die den Rheingau mit allen Sinnen erleben möchten – dieser Weg erzählt die Geschichte eines Weinbergs, der zu den ganz Großen gehört.

 

Unterwegs bietet die natürliche Terrasse des „Schwarzen Häuschens“ einen hervorragenden Rastplatz. An Sommer-Wochenende ist es bewirtschaftet. Aber auch sonst stehen die Tische und Bänke den Wanderern zur Verfügung. Also etwas zur Vesper mitbringen und die traumhafte Aussicht auf „Vater Rhein“ genießen.

 


Praktische Tipps für den Steinbergpfad

 

  • Start & Parken: Kostenlos direkt an der Domäne Steinberg (Kloster-Eberbach-Straße) Dort gibt es sogar einen Kühlschrank mit gekühlten Getränken – natürlich auch Wein – zum Mitnehmen.
  • Dauer: Rund 1 Stunde, je nach Lust und Laune an den Tafeln und der Rast.
  • Einkehr: Am „Schwarzen Häuschen“ mit tollem Blick (Sommer-Wochenenden). Wer die Tour verlängern möchte, kann weiterwandern zum nahegelegenen Kloster Eberbach mit seiner traditionsreichen Klosterschänke und Vinothek.
  • Für Genießer in der Umgebung lohnen sich außerdem ein Besuch in Julias Gutshotel mit dem schönen Café Julia (mit den legendären Kuchen und Torten der Patisserie Pretzel) in Eltville-Erbach (Rheinstraße, Parken geht direkt gegenüber auf kostenlosem Parkplatz) oder im Landcafé Wacholderhof in Eltville (etwas außenliegend mit vielen Parkplätzen).
  • Der Steinbergpfad lässt sich wunderbar als kleine Wanderung zwischendurch einbauen – oder als Auftakt für größere Touren durch den Rheingau, zum Beispiel zur Hallgarter Zange.
  • Vom Steinbergpfad aus kommt man an der Tafel 9 an das höchste Tor der Mauer, was auch der höchste Punkt des Steinbergs (270 m ü. NHN) ist. Durchs Tor hindurch kann man in weniger als 30 Minuten zum Kloster Eberbach laufen


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© Annette Bernjus, September 2025