Der Wald-Schachtelhalm


 

Der Wald-Schachtelhalm perfekt von Manfred Bernjus ins rechte Licht gesetzt - eine so grazile und wunderschöne Pflanze.

 

Ich habe sie wieder einmal im Hochtaunus entdeckt . . . 


Erfreut entdeckte ich dieser Tage (Mai 2024) den Wald-Schachtelhalm auch bei uns im Hochtaunus.

 

Im Bayerischen Wald ist er noch recht ausgiebig vorhanden – hier im Taunus eher eine Rarität. Den Acker-Schachtelhalm trifft man öfters an, aber der Verwandte aus dem Wald nur in feuchten bis nassen Laub- und Nadelwäldern. Trockenperioden übersteht er nicht sehr gut – ein funktionierendes eher feuchtes Waldinnenklima kann das Rhizom und insbesondere die jungen Pflänzchen gut schützen. Diese Feuchtgebiete werden jedoch immer seltener. 

 

Zeigerart "historisch alte Wälder"

 

Der Schachtelhalm gilt als „lebendes Fossil“. Er gehört mit Farn und Bärlapp zu den Pflanzen, die die ersten Wälder bildeten – und das vor ca. 300 Millionen Jahren (Karbon und Perm-Zeit). Damals waren es richtige Bäume, die eine Höhe von 30 Metern erreichten, und ihr Umfang soll bis zu einem Meter betragen haben. Ein bisschen erinnert der Wuchs der Schachtelhalme durchaus an Bäume – mit ihren verzweigten Ästchen.

 

Kein Wunder also, dass der Wald-Schachtelhalm in Deutschland als Zeigerart für „historisch alte Wälder“ dient. Zeigerarten historische alter Wälder – wie auch zum Beispiel Eichenfarn, Hohler Lerchensporn, Wald-Sauerklee oder das Hexenkraut - werden auch als Kennzeichen für Naturnähe gesehen, das heißt das dieser Lebensraum sehr lange Zeit (mindestens 200 Jahre bis mehrere hundert Jahre) permanent mit Wald bedeckt gewesen sein muss.

 

Sterile und fertile Sprosse

 

Nachdem ich die ersten sterilen Wald-Schachtelhalme in der Nähe der Weilquelle gesehen hatte, bekam ich wenig später auch noch fertile Halme mit den markanten Sporenähren zu Gesicht. Der Lebenslauf eines Wald-Schachtelhalmes ist nämlich spannend. Aus dem unterirdischen Wurzelstock treiben im Frühjahr grüne sterile (unfruchtbare)  und chlorophylllose fertile (fruchtbare) Triebe etwa gleichzeitig aus.

 

Die fertilen Triebe wurden schon im letzten Herbst am Rhizom angelegt, und im Frühjahr schieben sich die Sporenähren-Köpfchen mit bleichen Sprosse langsam durch die Erde nach oben. Die Sporenreife erfolgt von April bis Juni. Während und nach der Sporenreife fallen die Sporenähren ab, die Sprosse werden grün und beginnen sich so wie die sterilen Sprosse zu „kleinen Bäumchen“ zu verzweigen. Der Fachmann/die Fachfrau erkennt später nur an der Narbe an der Triebspitze, dass es sich anfangs um einen fertilen Spross gehandelt hat.

 

Schachtelhalm-Arten von giftig bis heilsam

 

Es gibt ca. 15 bis 20 verschiedene Arten der Gattung Equisetum. Insbesondere der Acker-Schachtelhalm ist in der Landwirtschaft nicht sehr beliebt. Allerdings ist es gerade auch diese Art, die eine bekannte Heilpflanze ist. Acker-Schachtelhalm wird als harntreibendes Mittel verwendet sowie bei Rheuma und Nierenleiden eingesetzt.

 

Bekannt ist der Schachtelhalm auch für seinen hohen Kieselsäureanteil. Er lagert Silicate als Ligninersatz in seinen Zellwänden ein. Silizium ist ein essenzielles Spurenelement, das im menschlichen Körper in jeder Zelle vorhanden ist. Es ist für viele körperliche Prozesse unentbehrlich und aktiviert nachweislich den Zellstoffwechsel sowie den Zellaufbau. So findet man Schachtelhalm auch in Cremes zur Straffung der Haut.

 

Vielleicht hast du auch schon einmal vom „Zinnkraut“ gelesen – Zinnkraut so bezeichnete man früher den Schachtelhalm, da man diesen als Scheuermittel zum Putzen von Zinn genommen hat. Doch noch heute wird Zinnkraut-Tee und Zinnkraut-Presssaft zum Kaufen angeboten. Schaut man dann auf die Inhalte, steht dort „Schachtelhalm“.

 

Schachtelhalme haben unterschiedliche Grate von Giftigkeit. Deshalb empfiehlt sich das eigene Sammeln nicht unbedingt. Der Wald-Schachtelhalm gilt als schwach giftig, der sogenannte Sumpf-Schachtelhalm als sehr giftig. In der Heilkunde nimmt man den Acker-Schachtelhalm, von dem keine Vergiftungen beim Menschen bekannt sind.

 

Für Pferde kann das Fressen von (Acker-)Schachtelhalmen allerdings sogar tödlich enden (Taumelkrankheit/Equisitose). Und das, obwohl sich der Name des Schachtelhalms ausgerechnet vom Pferd ableitet: die Blätter des Schachtelhalms sollen durch ihre buschige Struktur an Pferdehaar erinnern, und so wurde der botanische Name Equisetum gewählt … lateinischen equu =  "Pferd" und seta = "Borste". Die englische Bezeichnung für Schachtelhalm ist Horsetail – also Pferde-Schwanz.

 

Erste Fotosynthese

 

Doch zurück zum Aussehen der grazilen Pflanzen.

 

Solltest du einmal auf Schachtelhalme treffen (egal welcher Art), dann schaue sie dir genau an – und freue dich, dass du Pflanzen entdeckt hast, deren Vorgänger uns durch die ersten Fotosynthese betreibenden Pflanzen das Leben auf Erden erst ermöglicht haben.

 

Und ganz wichtig: schütze, wo immer es geht den Wald-Schachtelhalm :)