Die Hohe Wurzel - ein Berg im Taunus


Der Berg „Hohe Wurzel“ ist vielleicht nicht die erste Wahl, wenn man vom Taunus spricht. Doch er gehört zum Taunushauptkamm und bietet inzwischen herrliche Fernblicke. Die Hohe Wurzel hat Platz 26 bei den höchsten Erhebungen des Taunus (Naturpark Rhein-Taunus).

 

Im Grunde genommen handelt es sich bei der Hohen Wurzel um ein langestrecktes Plateau, das gleich zwei Gipfel hat: die Nordwestkuppe mit 617,9 m und die Südostkuppe mit 613,9 m Höhe.

 

Noch heute liest man in vielen Beschreibungen „eine komplett bewaldete Gipfelregion“. Doch das Landschaftsbild hier oben hat sich seit 2020 total verändert. Die ganze Kuppe wurde gerodet, denn es handelte sich bei dem Bewuchs insbesondere um Fichten und jeder weiß, was mit ihnen derzeit passiert.

Heute hat man statt Wald viele Fernblicke hinunter zum Rhein oder in den Wispertaunus.

 

Der Gustav-Vietor-Turm

 

Dass sich das Bild der Hohen Wurzel jedoch in der jüngsten Vergangenheit öfters verändert hat, kann man unschwer daran erkennen, dass es hier einen 22,5 Meter hohen Aussichtsturm gab, von dem man ebenfalls diese Fernblicke hatte – doch dann wurden die Bäume so hoch, dass man nicht mehr rundherum schauen konnte. Also musste der Bewuchs hier oben im Jahre 1883, als der Gustav-Vietor-Turm vom Rhein-Taunus-Klub errichtet wurde, recht niedrig gewesen sein.

Ein Aussichtsturm ohne Aussicht hat eigentlich keinen Sinn. Also was tun? Tatsächlich erlangte der Turm noch einmal ein bisschen Berühmtheit. Als Nutzer bot sich eine Gruppe von Funk-Amateuren an. Diese gründeten den Verein "Aktivitätsgruppe Gustav-Vietor-Turm e. V." und pachteten das Bauwerk zur Anbringung von Antennen für UKW-Funkwettbewerbe. Die Baumspitzen, die damals sieben Meter höher als der Turm waren, wurden von einem Mast überragt. Und so wurde der Turm europaweit – zumindest in Funkerkreisen - noch berühmt.

 

2006 kam dann sein unwiderrufliches Ende. Der Turm war so baufällig, dass er abgerissen wurde.

(Wiesbadener Tagblatt · Aussicht war 5000 Goldmark wert - Vietor-Turm auf der Hohen Wurzel erst zugemauert - dann ist er quasi unbemerkt verschwunden (archive.org)

 

Der Fernmeldeturm

 

Ein anderer Turm gibt der Hohen Wurzel allerdings nach wie vor ein markantes Aussehen, woran man den Berg auch von Weitem aus vielen Richtungen sofort erkennt: der 133 m hohe Fernmeldeturm. Von hier (und anderen Standorten) aus wird das Rhein-Main-Gebiet im Gleichwellenbetrieb mit digitalem Fernsehen (DVB-T) versorgt. Außerdem wird von hier DAB und UKW-Hörfunk verbreitet.

 

Austragungsort der Deutschen Meisterschaften im Rennrodeln

 

Die Hohe Wurzel hatte auch eine interessante sportliche Geschichte. Früher gab es hier eine 1,48 Kilometer lange Bob- und Schlittenbahn. Sie hatte eine Höhendifferenz von 176 Metern und ein maximales Gefälle von 21 Prozent, sodass hier 1931 die Deutschen Meisterschaften im Rennrodeln ausgetragen werden konnten. Die Umrisse der Strecke waren noch bis vor einigen Jahren gut zu erkennen.

 

Bergprüfung zur Hohen Wurzel

 

1904 wurde der „Wiesbadener Automobilclub“ gegründet. Das sportliche Geschehen sollte (und soll auch heute noch) im Mittelpunkt der Clubgeschichte stehen. Und so erlangte die Hohe Wurzel sogar bei einem Autorennen Berühmtheit: In den Jahren 1923 bis 1928 gab es eine „Bergprüfung zur Hohen Wurzel“ im Rahmen des „Wiesbadener Automobil-Turniers“ mit bekannten Größen des beginnenden Motorsports.

 

Rheinhöhenweg – im Mittelalter verboten

 

Straßen haben an der Hohen Wurzel schon lange eine Bedeutung. So geht der rechtsrheinische Rheinhöhenweg über die Hohe Wurzel. Er ist ca. 272 Kilometer lang und beginnt in Bonn-Beuel. Anschließend verläuft er über den Drachenfels im Siebengebirge, die Loreley und oberhalb des Rheingaus bis Wiesbaden. Zwischen Lorch und Wiesbaden verläuft der Weg über weite Strecken über den Taunushauptkamm, wobei er auch die Hohe Wurzel überquert.

Heute darf man ungestraft den Taunus genießen. Im Mittelalter allerdings verboten die Fürsten die Benutzung der Rheinhöhenstraße über den Taunuskamm, da der Verkehr sonst den Zöllen am Rhein entgangen wäre. Die Höhe wurde durch das „Rheingauer Gebück“ verriegelt. Durch diese Naturhecke aus „gebückten“ Hainbuchen war kaum ein Durchkommen, und zudem drohten schwere Strafen.

 

Da der Rheinabschnitt am Binger Loch und am Felsen der Loreley jedoch so gefährlich war, kann man davon ausgehen, dass zumindest im Frühmittelalter dieser Weg gut genutzt wurde. Heute ist er über den Taunuskamm bestens ausgebaut.

(Altstraßen im Taunus – Alt Idstein (alt-idstein.de)

 

 Auch die Bäderstraße verlief im Mittelalter noch über die Hohe Wurzel. Heute kann man die Landesstraße L 3037 (Lahnstraße bzw. Hohe Straße) nutzen, um an den Wanderparkplatz „Hohe Wurzel“ zu kommen.

 

Wandern auf der Hohen Wurzel

 

Auf der Hohen Wurzel gibt es einen Wanderparkplatz – leider keine Möglichkeit mit ÖPNV. Allerdings soll wohl der „Emil“ (On-Demand-Shuttle) von Idstein auch die Hohe Wurzel anfahren. Hier gibt es drei ausgeschilderte Rundwege (Wildschwein/Keiler 2,1 km, Fuchs 7 km und Geweih 3,4 km). Und hier die Übersicht: Wanderparkplatz Hohe Wurzel • Wiesbaden | Freizeitportal des Naturpark Rhein-Taunus (freizeitportal-nrt.de)

 

Wer mit ÖPNV anreisen möchte, fährt am besten zur „Eisernen Hand“. Busse von Wiesbaden und Niedernhausen fahren diese Station an und man kann von der Eisernen Hand über den Fuchs-Rundweg zur Hohen Wurzel und zurück laufen. Hier muss man nur auf der Eisernen Hand den kurzen Zuweg über den Kaiser-Wilhelm-Weg „suchen“ (Eiserne Hand - Rehbock • Taunusstein | Freizeitportal des Naturpark Rhein-Taunus (freizeitportal-nrt.de).

 

Fazit

Das Wandern hier gibt neue Einblicke und Fernsichten. Es steht natürlich immer noch Wald dort oben (nicht so sehr beim Wildschwein-Weg). Aber dafür wachsen Kräuter, Büsche und Bäume, die es vorher nicht gab. Die Fernsichten genießt man am besten bei klarem Wetter. Ich kann es empfehlen.